Bour, Jaques Edmond Émile  

* 19.5.1832 Gray, Franche-Compté, Frankreich

† 8.3.1866 Val-de-Grâce, Frankreich

 

Schon in Bours Kindheit fiel seine schnelle Auffassungsgabe und Freude am Lernen auf. In der städtischen Schule in Gray und am Gymnasium in Lyon wurde das wohl erkannt, und so wurde Bour besonders gefördert. Mit 18 Jahren kam er an die École Polytechnique, die er 1852 als bester Schüler abschloß. Aus der Zeit seines Examens dort stammt Bours erste eigene Arbeit. Diese "Théorie nouvelle de l´électro-dynamique" wurde an der Schule viel beachtet, jedoch zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht. Anschließend studierte Bour Bergbau an der Bergbauschule in Saint Étienne und reichte kurz vor der Abschlußprüfung 1855 seine erste Veröffentlichung ein: "Mémoire sur l´integration des équations différentielles de la Mécanique analytique". 1855 wurde er Lehrer für Bergbau und Mechanik an der gleichen Schule. Für zwei außerordentlich beachtete und gelobte Arbeiten erhielt Bour den Doktortitel der mathematischen Wissenschaften: Die erste befaßt sich mit dem Dreikörperproblem der Mechanik und die zweite mit Planetenbahnen. Ab 1859 unterrichtete Bour zusätzlich Geometrie an der École Polytechnique. Zwei Jahre später, mit 29 Jahren, erhielt er einen der beiden dortigen Lehrstühle für Mechanik. Nach zwei weiteren Artikeln zur Mechanik und zur Integration von Differentialgleichungen begann Bour 1860 seine wohl am meisten beachteten beiden Arbeiten, die die Abwickelbarkeit von Flächen zum Inhalt haben [Bour 1862a,b] und für die er den Grand Prix de Mathématique des Jahres 1861 der l´Académie des Sciences erhielt. Bour hatte noch einen dritten Teil geplant und angekündigt, den er allerdings vor seinem frühen Tod nicht mehr vollenden konnte. Nach einer letzten Arbeit zur analytischen Mechanik im Jahre 1863 schien Bour immerzu mit einem Lehrbuch zu seinem Kurs zur Mechanik, den er an der École Polytechnique hielt, beschäftigt zu sein. Schüler von ihm brachten das Werk zur Publikation.

Nach kurzer Krankheit starb Bour im Alter von nur 33 Jahren. In einem Kommentar zu Bour und seinen Preisarbeiten bemerkte Liouville 1862: "... jedes Wort ist eine Idee. ... Es handelt sich hier nicht um einen jungen Menschen der Anlaß zu Hoffnungen gibt, sondern um einen großen Geometer, der die brillianten Versprechungen seiner Jugend hält."

 

Quellen:

Écoles Polytechnique et Normale Paris, Nouvelles Annales de Mathématiques (2) 6 (1867) 145-157.

Und: Sociéte Philomatique de Paris, Bulletin 3 (1866) 119-128.