Lie, Sophus
* 17.12.1842 Nordfjordeide am Eidsfjord, Norwegen
† 18.2.1899 Christiania (heute Oslo)
Ohne eine besondere Neigung zur Mathematik begann Lie 1859 an der Universität von Christiania sein Studium der Naturwissenschaften, bestand 1865 das Examen und gab danach Schul- und Privatunterricht. Durch Zufall stieß er 1868 auf die geometrischen Schriften von J. Plücker und J.-V. Poncelet, die ihn zu eigenen geometrischen Studien anregten. Aufgrund seiner ersten Arbeit (1869) über imaginäre Geraden der Ebene erhielt Lie ein Reisestipendium. So weilte er 1869/70 bei E. E. Kummer und K. Weierstraß in Berlin, wo er mit Felix Klein enge Freundschaft schloß. Beide reisten 1870 nach Paris und kamen durch C. Jordan dort mit dem Begriff der Gruppe in Berührung. 1872 erwarb Lie in Christiania den Doktorgrad und bekam aufgrund seiner vielbeachteten Dissertation und Arbeiten zur Transformationstheorie sofort eine eigens für ihn geschaffene Professur in Christiania. Im Verlauf der folgenden Jahre entstanden Arbeiten zu Flächen und deren Klassifikation in Transformationsgruppen. Im Jahre 1886 wurde Lie der Nachfolger von Klein in Leipzig und erreichte in einer bis 1898 währenden Schaffensperiode den Höhepunkt seines fachlichen Wirkens. Geometrie, Transformationsgruppen und die Integration von partiellen Differentialgleichungen waren auch in Leipzig Lies bevorzugte Lehr- und Forschungsgebiete. Nach 1889 überfielen Lie immer stärkere Anfälle depressiver Neurastenie, die auch nach einem Wechsel zurück nach Christiania in einen Lehrstuhl für Theorie der Transformationsgruppen anhielten und bald seine Kräfte verzehrten.
Lies Schöpfungen sind in abgewandelter und präzisierter Form bis heute lebendig und werden weiterentwickelt. Das bestätigen viele mit seinem Namen verbundene Begriffe wie Liesche Ableitung, Algebra, Geometrie der Kreise und Kugeln, Gruppen und Integrationsmethoden.
Quelle:
Neue Deutsche Biographie. Historische Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Duncker & Humblot, Berlin 1985.