Russell, John Scott

* 8.5.1808, Parkhead, Schottland

† 8.6.1882 Ventnor, Isle of Wight

 

Wenn es nach dem ursprünglichen Willen seines Vaters, einem schottischen Pfarrer, gegangen wäre, so hätte John Scott ebenfalls ein geistliches Amt übernehmen sollen. Doch er zeigte schon sehr früh einen großen Hang zur Mechanik und studierte "science and practical mechanics" an den schottischen Universitäten Edinburgh, St.Andrews und Glasgow und schloß sein Studium mit 16 Jahren in Glasgow ab. Mit 18 oder 19 Jahren gründete er eine Schule, die auf die Universität vorbereiten sollte, die South Academy. Kurz danach begann er mit sehr großem Erfolg an dem Mechanics Institute in Leith und an der Universität von Edinburgh Vorlesungen in "Science" zu halten. Während er diese mehrere Jahre hielt, machte er viele Experimente mit Dampfmaschinen. Russell hätte gerne die universitäre Laufbahn eingeschlagen, doch ein Vorfall an der Universität von Edinburgh machte diese Ambitionen zunichte: Er durfte 1832 nach dem Tod des Professors für Natural Philosophy John Leslie dessen Vorlesungen übernehmen, doch er bewarb sich selber nicht für den nun vakanten Lehrstuhl in der Annahme, der große Prof. Brewster wäre ein Mitbewerber. Als aber ein Mr. Forbes große Chancen hatte, gewählt zu werden, wurde er aufgrund seiner großen Popularität gedrängt, sich doch zu bewerben, was er nicht tat. Nach der Wahl des Mr. Forbes kehrte er der Universität den Rücken.

Im Jahre 1833 wurde er von der Union Canal Co. beauftragt, die Möglichkeit der Befahrbarkeit der schottischen Kanäle durch Dampfschiffe zu untersuchen und bekam zu diesem Zweck einen Teil des Kanals für Experimente zur Verfügung gestellt. Diese Experimente führten zu der Entdeckung der "great wave of translation" oder "solitary wave", welche Russell bis ans Lebensende beschäftigte. Ab 1836 untersuchte er diese Welle sehr gründlich, besonders auch in ihrer Form als Gezeitenwelle, im Auftrage der Royal Society of Edinburgh, dessen Mitglied er 1837 wurde. 1840 wurde er Mitglied der Royal Society of London. Russell begann im Zusammenhang mit seinen Studien zur Kanalschiffahrt mit großem Erfolg Schiffe zu konstruieren, zuerst kleinere Kanalschiffe, dann auch größere Seeschiffe. Das bekannteste von ihnen, die Great Eastern, war lange Zeit das größte, schnellste und modernste Schiff der Welt. Als Schiffbauer an der Themse war er für den Schiffbau revolutionierende Neuerungen bekannt. Er war 1860 Mitbegründer und Vizepräsident des "Naval Architects Institute".

Russell betätigte sich im Laufe seines Lebens als Erbauer von dampfgetriebenen Wagen und vieler Arten von Maschinen wie z.B. den Paddelantrieb für Dampfschiffe. Er konstruierte auch die ersten Eisenbahnfähren, die auf dem Bodensee verkehrten und die deutsche und schweizerische Eisenbahn miteinander verbanden. Russell organisierte auch ab 1847 einige kleine nationale englische Industrieausstellungen, und 1851 die erste internationale Ausstellung dieser Art. Für die Weltausstellung in Wien konstruierte er aus Stahlelementen die größte, über 100 Meter weite, Dachkuppel der Welt.

 

Quelle:

Memoir of Mr. John Scott Russell. Transactions of the Institution of Naval Architects, 23 (1882) 258-261.